Früchte des Fleisses
So langsam stellt sich eine echte Wohlfühlkurve ein und die Einheiten plätschern so vor sich hin. Die Intervalle bringen mich nicht mehr jedesmal um und auch die langen Läufe steckt mein Körper mittlerweile wieder nach einem Tag weg.
Zum Sonntagslauf gibt es ausnahmsweise sogar eine kleine Anekdote. Mit dem Doppelbomber unterwegs hat man anschliessend eigentlich immer mindestens eine Geschichte zu erzählen, vor allem wenn es auf die Brückenrunde geht. Diesmal habe ich mich das erste Mal seit langem an eine grosse Brückenrunde gewagt und bin von Römlinghoven gestartet. Zunächst ging es über die Konrad-Adenauer-Brücke, in die Reinaue und von dort richtung Friedrich Ebert Brücke, um anschliessend auf der Beuler Seite wieder zurück zum Ausgangspunkt in Rämlinghoven zu laufen. Das sind gut 16km. Auf dieser Strecke habe ich es geschafft
- einen Radfahrer zu Fall zu bringen
- einen ambitionierten Hobbyläufer zu überholen,
- einen ambitionierten Hobbyläufer, der sich gewehrt hat, zu überholen,
- einen ambitionierten Hobbyläufer, der sich mit aller Kraft gewehrt hat, zu überholen und
- mich selbst ziemlich aus den Schuhen zu laufen.
Wobei der Radfahrer eigentlich nicht auf meine Kappe ging. Der war auf der Auffahrt zur Nordbrücke (rechtsrheinisch) ein wenig zu forsch für die 180° Kurve, in der wir uns begegnet sind. Dadurch ist er auf seinen abrupt abbremsenden Vordermann aufgefahren -zu dem er bestimmt drei Millimeter Abstand gehalten hatte- und hat es dann leider auch nicht hingekriegt rechtzeitig aus den Pedalen auszusteigen um vom labilen zum stabilen Gleichgewicht zu finden. Also ist er schön langsam zur Seite gekippt und wie ein Käfer liegen geblieben. Irgendwie hatte ich bei so viel Dämlichkeit kein Mitleid und bin ohne mit der Wimper zu zucken weitergelaufen. Ausserdem hatte ich zwei der drei oben genannten Hobbyläufer zu dem Zeitpunkt gerade vor mir und wollte die Verfolgung nicht durch geheuchelte Empathie für einen Lemming-Radfahrer verzögern.
Ab da hat es noch ca einen halben Kilometer gedauert, bis ich den ersten Hobbyläufer hatte. Er hat sein Schicksal mit Fassung hingenommen, kein Heldentod, aber vernünftig, hehehe. Der Nächste war zwar, wie ich auch, mit Kinderwagen unterwegs, allerdings mit dem Ferrari unter den Kinderwägen - so ein richtiger Flitzer mit Speichenrädern und bestimmt 8-bar. Er hatte mich schon ca drei km vorher erblickt und hat dann aufgedreht, so dass ich eine ganze Weile nicht näher gekommen bin. Irgedwann dachte ich, der läuft jetzt weg, weil der Abstand plötlich wieder grösser geworden ist, aber dann stand er plötzlich am Wegesrand und hat irgendetwas am Kinderwagen gefummelt. Auf meinen Gruss beim Vorbeilaufen hat er mir mit hochrotem Kopf nur irgendetwas Unverständliches entgegen gemurmelt. Jedenfalls hat ihn das nicht davon abgehalten, sich anschliessend schön in meinen Windschatten zu hängen und einen knappen Km mit einem fussbreit Abstand hinter mir her zu laufen. Mir ist das erst aufgefallen, als ich mich auf das Klingeln eines Radfahrers umgedreht habe. Dieser Kilometer war dann auch der schnellste des Tages, was mich zur Vermutung führt, dass er die Lust mich zurück zu überholen dann irgendwie doch verloren haben muss.
Der dritte Hobbyläufer ist kurz später kurz vor mir frisch auf die Runde gebogen. Baumwollshirt, schweissfrei, Hoppelhäschen-Laufstil. Als er mich gesehen hat, hat er relativ zügig erstmal eine Abkürzung über einen Single-Trail am Ufer eingeschlagen. Unsere Wege haben sich -offenbar zu seiner Überraschung- kurz später dennoch wieder gekreuzt, als er wieder kurz vor mir vom Single-Trail auf den Gehweg gebogen ist. Ein letztes Auflodern hat ihn jedoch nur über einige hunterte Meter gerettet, dann hat er mich auch vorbei gelassen, hehehe.
Klar hat mich das ganze Testosteron-Gehabe auch Federn gekostet. Klar bin ich ebenfalls nicht besser, als die ganzen anderen Chauvi-Kampf-Schauläufer an der Rheinpromenade. Und klar: keine zwei Kilometer später war ich so knülle, dass ich nur darauf gewartet habe, wann mich einer von den Spezialisten, mit denen ich mich vorher angelegt hatte, wieder kassiert...oder irgendein Walker ... oder sogar ein Greis mit Rollator. Höchststrafe.
Vernunft ist halt nicht mein vorrangiges Trainingsprinzip. Anscheinend entwickele ich mich doch zu genau dem Typen Sportler, über den ich immer noch meine spotten zu dürfen und an dem ich nach wie vor kein gutes Haar lasse.
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